Land Rover Defender P300e im Test: Sanftmütiger Offroad-Gigant

Gefällt von
Ulrike Schmitt Markus Hahn Monika Weber Lena Schubert Anja Jung Jens Busch Benedikt Busch Leonie Walter Julia Hahn und 38 andere

Der Land Rover Defender ist seit 2020 als Neuinterpretation der Ikone unterwegs, der Plug-in-Hybrid P300e ergänzt die Baureihe seit 2021. Getestet haben wir noch einmal das aktuelle Vor-Facelift-Modell. Doch wie fährt sich ein Auto, das gleichzeitig Ikone, Familienkutsche und Plug-in-Hybrid sein will?

Für das Modelljahr 2026 ist ein umfangreiches Facelift angekündigt, das unter anderem Bedienung und Ausstattung modernisiert. Wir haben den Defender 110 P300e auf Straße und abseits befestigter Wege getestet – und dabei Überraschendes erlebt. Wer es kompakter mag, dürfte nebenbei bald fündig werden: Ab 2027 soll mit dem Defender Sport eine kleinere Variante folgen, die die Familie nach unten abrundet.

Bildergalerie: Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test

Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test
Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test Land Rover Defender 110 P300e (2025) im Test

Wer den Defender 110 P300e zum ersten Mal sieht, versteht sofort: Hier geht es nicht um Zurückhaltung. Mit einer Länge von 5,02 Metern inklusive Reserverad, knapp zwei Metern Höhe und gut 2,10 Metern Breite mit ausgeklappten Spiegeln spielt er in einer eigenen Liga. Er wirkt weniger wie ein SUV, sondern wie eine fahrbare Festung – und zieht damit Blicke fast magnetisch an.

Das Design bleibt der Tradition treu: kastenförmig, kurze Überhänge, vertikale Flächen. Doch moderne Details wie Matrix-LED-Scheinwerfer, bündige Leuchten und optionale 20-Zoll-Felgen verleihen ihm den nötigen Hauch von Gegenwart. Beeindruckend ist auch das adaptive Luftfahrwerk, das den Defender für den Einstieg absenkt oder für Geländefahrten um bis zu 145 Millimeter anhebt. Auf maximale Höhe gefahren ergibt sich fast 30 Zentimeter Bodenfreiheit – ein Wert, der selbst Hardcore-Offroadern Respekt abnötigt.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Innenraum: Zwischen Luxuslounge und Werkzeugkiste

Im Inneren zeigt sich der Defender von zwei Seiten. Einerseits bietet er großzügige Platzverhältnisse: Fahrer und Beifahrer thronen hoch über dem Verkehr, die Rückbank ist einladend und selbst große Erwachsene finden entspannt Platz. Das Panorama reicht weit über die Motorhaube hinaus, was zusammen mit der hohen Sitzposition für ein fast majestätisches Fahrgefühl sorgt.

Die Verarbeitung spielt auf Premium-Niveau: feines Leder, Softtouch-Kunststoffe, solide Schalter. Und doch bleibt der Defender seiner Herkunft treu. Sichtbare Schrauben in den Türverkleidungen, robuste Griffe an A- und B-Säulen, eine pulverbeschichtete Magnesium-Traverse quer durchs Cockpit – alles wirkt bewusst funktional. Der Defender darf ruhig zeigen, dass er auch für Schlamm und Geröll gebaut wurde.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Nicht alles überzeugt: Die Sitze sind zwar beheiz- und belüftbar, aber schmal geschnitten und mit wenig Seitenhalt. Auf langen Etappen fehlt es manchen Fahrern an Auflagefläche, zumal sich die Sitzkissen nicht anpassen lassen. Und das Lenkrad, riesig wie ein Schiffsruder, braucht Eingewöhnung. Dafür gibt es jede Menge Ablagen, vom tiefen Fach in der Mittelkonsole bis zu clever platzierten Staufächern in den Türen.

Fahrverhalten: Komfort im Übermaß

Sobald sich die Räder drehen, zeigt der Defender eine Seite, die man ihm nicht zutraut: Sanftmut. Das Luftfahrwerk filtert Schlaglöcher, Querfugen und Kanaldeckel so gnädig weg, dass man sich eher auf einem schwebenden Schiff als in einem Geländewagen wähnt.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Was auf den ersten Kilometern wie ein Geschenk an den Komfort wirkt, kippt bei längeren Strecken oder auf kurvigen Landstraßen ins Gegenteil. Der Aufbau neigt sich spürbar, schnelle Richtungswechsel bringen deutliche Wankbewegungen, und Mitfahrer reagieren schon mal mit flauem Magen. Eine Möglichkeit, das Fahrwerk sportlicher abzustimmen, gibt es nicht.

Die Bandbreite der Fahrmodi ist jedoch enorm. Neben klassischen Einstellungen wie Komfort für entspanntes Gleiten oder Eco für sparsameres Fahren bietet das Terrain-Response-System Programme für nahezu jedes Szenario: von Gras/Schotter/Schnee über Schlamm und Spurrinnen, Sand bis hin zum Felsenklettern. Selbst ein spezieller Waten-Modus ist an Bord, der das Fahrzeug für Wasserdurchfahrten vorbereitet und den Wagen automatisch anhebt.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Dazu kommt eine konfigurierbare Variante, bei der bis zu vier individuelle Setups abgespeichert werden können. So lässt sich der Defender fast maßgeschneidert auf Fahrweise und Gelände einstellen. Ergänzt wird das Ganze von den E-Modi Hybrid, EV und Save, die bestimmen, ob der Wagen rein elektrisch, kombiniert oder mit Fokus auf Batteriereserve betrieben wird.

Die Lenkung arbeitet präzise, wird mit Geschwindigkeit straffer und lässt auch auf langen Autobahnetappen Gelassenheit zu. Doch sportliche Ambitionen sollte man dem Defender nicht unterstellen. Wer genau das sucht, ist beim bereits erhältlichen Defender 110 Octa besser aufgehoben – er zielt klar auf mehr Dynamik.

Antrieb: Hybrid-Power mit Einschränkungen

Unter der Haube arbeitet ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 225 PS, flankiert von einem 143-PS-Elektromotor. Gemeinsam ergibt das 300 PS Systemleistung und 625 Newtonmeter Drehmoment – genug, um die 2,6 Tonnen Leergewicht souverän in Bewegung zu setzen. Der Sprint auf 100 km/h dauert 7,6 Sekunden, Überholmanöver gelingen dank E-Motor-Biss spontan und kräftig.

Rein elektrisch fährt der Defender rund 40 bis 45 Kilometer weit – offiziell sind 51 km angegeben. Für Pendlerstrecken in der Stadt reicht das, auf längeren Fahrten springt jedoch schnell der Verbrenner ein. Beim Verbrauch zeigt sich Ernüchterung: Während Land Rover 2,8 Liter im WLTP-Mix verspricht, pendeln sich die Realwerte bei 5,9 (bei regelmäßigen Laden an der Wallbox zu Hause) bis hin zu 11 Litern ein.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Mit vollem Akku und Kurzstrecken kann man den Verbrauch kurzzeitig drücken, doch sobald die Batterie leer ist, fährt man im Bereich eines großen Benziners. Laden lässt sich der Akku mit 7 kW in rund drei Stunden oder per 50-kW-DC-Schnelllader in etwa 30 Minuten von 0 auf 80 Prozent.

Gelände: Zuhause im Dreck

Wo der Defender auf Asphalt schwächelt, spielt er abseits befestigter Wege seine wahre Stärke aus. Fast 30 Zentimeter Bodenfreiheit, Böschungswinkel von 38 Grad vorne und 40 Grad hinten, eine Wattiefe von 90 Zentimetern – Zahlen, die klar machen, dass es sich hier nicht um ein weichgespültes SUV handelt.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Das Terrain-Response-System passt den Wagen per Knopfdruck an Untergründe von Sand bis Fels an, ein sperrbares Mittendifferential und eine aktive Hinterachssperre stehen bereit. Dazu kommt die ClearSight Ground View-Kamera, die die Motorhaube virtuell durchsichtig macht. Wer einmal durch Geröllfelder gefahren ist, ohne dabei blind zu sein, weiß diesen Trick zu schätzen.

Im Gelände verwandelt sich die weiche Federung vom Nachteil zum Vorteil: Statt nervöser Stöße herrscht stoische Ruhe, die Räder bleiben in Bodenkontakt und der Wagen krabbelt souverän über Hindernisse. Hier ist der Defender ganz bei sich – und zeigt, warum er bis heute Legendenstatus hat.

Praktikabilität: Viel Platz, aber nicht im Kofferraum

So groß der Defender außen wirkt, so eingeschränkt zeigt er sich beim Gepäckraum. 696 Liter sind es bei aufgestellten Rücksitzen – deutlich weniger als bei den reinen Verbrennern. Grund ist die Batterie, die Höhe und Tiefe des Kofferraums spürbar reduziert. Dazu kommt das außen montierte Ersatzrad, das den Zugang erschwert.

Positiv: Zahlreiche Staufächer im Innenraum und eine elektrisch ein- und ausfahrbare Anhängerkupplung. Die maximale Anhängelast beträgt 3.000 Kilogramm – weniger als bei den Dieselmodellen, aber immer noch genug für Wohnwagen oder Pferdeanhänger.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Technik und Ausstattung: Auf der Höhe der Zeit

Das Infotainmentsystem Pivi Pro gehört zu den besten im Segment: 13,1-Zoll-Touchscreen, schnelle Reaktionen, klare Menüs. Praktisch: Die Klimasteuerung bleibt auf echte Drehregler ausgelagert. Dazu kommen Head-up-Display, Meridian-Soundanlage und eine Armada an Assistenzsystemen, die sich erfreulich einfach deaktivieren lassen, wenn man mal ohne Dauerpiepen fahren möchte.

Preislich bleibt der Defender exklusiv. Die getestete X-Dynamic SE-Version startet bei 91.800 Euro. Mit Sonderfarbe Carpathian Grey, Panoramadach und diversen Paketen summierte sich unser Testwagen auf über 104.000 Euro. Ein Betrag, bei dem man Perfektion erwartet – die der Defender in vielen, aber nicht in allen Bereichen liefert.

Bilder von: Motor1.com Deutschland

Fazit: 7,5/10

Der Defender 110 P300e ist ein Auto der Gegensätze. Er vereint unerschütterliche Geländegängigkeit mit modernem Komfort, eine imposante Erscheinung mit einem überraschend sanften Fahrgefühl. Auf Asphalt wirkt er manchmal zu weich und träge, im Gelände hingegen überragend. Der Hybridantrieb bietet solide Leistung, enttäuscht aber beim Verbrauch.

Am Ende bleibt der Defender P300e ein faszinierender Kompromiss: kein Alleskönner, aber ein Statement. Wer die Gelassenheit im Gelände mehr schätzt als Dynamik auf der Landstraße und bereit ist, für Luxus und Ikonenstatus tief in die Tasche zu greifen, findet hier ein Auto, das beides kann: Abenteuer und Alltag. Ein sanfter Riese eben – mit einem Hang zur Elektrifizierung.

Land Rover Defender 110 P300e X-Dynamic SE

Motor 2,0-Liter-Turbo-Vierzylinder-Benziner + Elektromotor
Getriebeart 8-Gang- Automatik
Antrieb Allrad
Leistung 300 PS (221 kW) bei 4.500 - 6.000 U/min
Max. Drehmoment 625 Nm bei 1.750 – 4.500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 7,6 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 191 km/h (140 km/h im Elektro-Modus)
Verbrauch 2,6 l/100km + 25,4 kWh/100km (WLTP) / 5,9 l/100km (Testverbrauch mit geladenem Akku)
Emission 59,8 g/km (WLTP)
Elektrische Reichweite 42,1 - 45,1 km (WLTP)
Länge 5.018 mm
Breite 2.008 mm
Höhe 1.967 mm
Kofferraumvolumen 696 - 2.127 Liter
Leergewicht 2.538 kg
Anhängelast 3.000 kg (gebremst)
Bodenfreiheit 218 - 292 mm
Basispreis 81.400 Euro
Preis der Testversion 91.000 Euro
Preis des Testwagens ca. 104.239 Euro

Categories

Tags

© CarPress Network. All Rights Reserved. Designed by CarPress